Happy Releaseday!
Nick & June schweben in einem Glitzernebel aus trilierenden Synthesizern, sanften Beat- und Drum-Pulsen und vibrierenden Orgelsounds. Eingebettet in dunkle Hall-Gitarren führen die bitter-süß gepaarten Stimmen von Suzie-Lou Kraft und Nick Wolf durch euphorisch inszenierte Zurückhaltung und versponnene Gedankenverästelung. Ein eigenwilliger und abstrakter Sound entsteht und mündet in einsam-schönen Indie-Folk und Dream-Pop. Wo früher Parallelen zu Artists wie Bon Iver, Damien Rice oder Angus & Julia Stone gezogen wurden, winken heute auch Beach House, Mazzy Star und Lana del Rey durch den Reverb-Schleier.
Nach ihrem letzten Erfolgsalbum “My November My” und einer längeren kreativen Schaffenspause, veröffentlicht das Indie-Duo Nick & June im Mai 2023 ihr neues Mini-Album “Beach Baby, Baby”. Cineastisch wird es auf der EP – und das nicht nur wegen ersichtlicher Querverweise, siehe „Manic Pixie Dream Girl“ und „Hugh Grant & His Consequences“: Die Songs sind atmosphärisch, dabei warm und grobkörnig produziert. Weitläufig, mit viel Raum für berückende Melodien und die harmonisch verschmelzenden Stimmen der beiden. Mit bildhaften Textzeilen, die das Kopfkino in Gang setzen. Wäre diese EP ein Film, dann vermutlich ein verwaschener Analogstreifen aus dem Frühwerk von Sofia Coppola. Stichwort: “Lost in Translation”. Dabei machen es sich Nick & June nie zu lange in der wohligen Melancholie bequem: „Anything But Time“ entwickelt sich mit zartem Beat, psychedelisch lodernder Orgel, gedämpften Gitarren-Arpeggien, dazu einer flüsternden, verhallten Frauenstimme nonchalant zur kleinen Hymne und lässt gleich mehrere Assoziationslämpchen aufleuchten: Dream Pop! LoFi! Sechzigerjahre! „Lip Sync To Love Songs“ trudelt und rauscht mit seinem Wall-of-Sound-Beat und dem sehnsüchtig durchs Geschehen irrlichternden Keyboard. Warme First-Take-Vocals, fast wehmütig fragend “Who knows forever as always?”. Der Kampf mit dem inneren Kind, das Wundern über Verlust, eingeschlossene Emotionen, all das wird durch spielerische Kompositionen sanfter, spendet Trost in der nebligen Gossen-Romantik. “Lip Sync to Love Songs” ist ein abstraktes Gefühl, das einengt und gleichzeitig ausbrechen lässt. Ein Liebeslied sondergleichen. Mit der gleichen dumpf-hallenden E-Gitarre bewahrt sich „Manic Pixie Dream Girl“ etwas Unnahbares – traumverloren, verklebt, aber auch mit Popappeal – und erzählt die vergessene Story eines weiteren MPDGs, das wohl den letzten Lacher auf ihrer Seite haben wird. Zwischen Coming-of-Age-Aufbruchsstimmung und Wehmutssound schreiben Nick & June mit „Hugh Grant & His Consequence“ einen Brief an die frühere Version ihrer selbst. Möchte man in unserer Zeit nicht manchmal rufen „Die, future, die“? Ist David Foster Wallace eigentlich Jugendliteratur? Kein „Früher-war-alles-besser“, sondern „Jetzt-ist’s-ja-immer-noch-doof“. Eine Hymne an die ewige Wiederkehr der Melancholie. Das erinnert mitunter an den Lofi-Herzschmerz von Pavement, an Sufjan Stevens, als er mit großen Melodiebögen ganze Staaten umarmte oder an die Indie-Darlinge Stars und ihren Baroque Pop. Hugh Grant gefällt das. Und spaziert mal wieder durch die Jahreszeiten.
Dass Nick Wolf und Suzie-Lou Kraft ihre EP nicht in einem klassischen Studio eingespielt haben, passt zum Vibe von „Beach Baby, Baby“. Das „In Our House“-Studio in München, in dem das Duo zusammen mit Nicolas Sierig an den Tracks feilte, ist eher eine Altbauwohnung mit ein paar Vintage-Synthesizern. Fun Fact am Rande: Auch das letzte The-Notwist-Album entstand hier. Für die Aufnahmen haben die zwei Multiinstrumentalisten Wolf und Kraft neue Schwerpunkte gesetzt: E-Gitarren, alte Casio-Keyboards und Drum-Machines rücken ins Zentrum und verbinden sich mit weiten Bläsern, verfremdeten Glockenspielklängen und flirrenden Mandolinen.
Von der Musikkritik gehuldigt, knacken Nick & June-Songs inzwischen Radio- und Online-Charts, schmücken das Kulturradio um Mitternacht genauso wie das TV-Abendprogramm, laufen im Kino und auf Überseeflügen in der Airline und spielen hunderte Konzerte in ganz Europa. Wunderbar sperrige Titel wie “Home Is Where The Heart Hurts Part 1” oder “London City, Boy, It’s Killing Me” werden zu kleinen Indie-Hymnen und über 20 Millionen mal gestreamt.
Mit “Beach Baby, Baby” erscheint heute der lang ersehnte Nachfolger. Die EP könnt ihr auf allen Streaming- und Downloadportalen finden sowie auf (blauer) Vinyl und CD bei uns im Shop bestellen.